Es gibt Jahre, in denen sind Awards ziemlich eindeutig. Dieses Jahr zum Beispiel. 18 Emmys für Shōgun, elf für The Bear und drei für Hacks. Ich versteh schon, das waren auch wirklich gute Shows und Staffeln (by the way The Bear hat für S2 gewonnen, nicht S3). Und ich bin die Letzte, die jemandem von Hacks abraten würde. Grundsätzlich kann ich alles empfehlen, wo Jean Smart auch nur durchs Bild läuft, von Sweet Home Alabama bis Mare of Easttown. Erst recht Hacks.
Aber: Wo sind eigentlich die unterhaltsamen 30-Minüter geblieben, die nicht direkt den Puls nach oben treiben, weil die Agnolotti oder das Bühnenprogramm neu aufgesetzt werden müssen? Bei denen man entspannt eben in der Küche das Nudelwasser anstellen kann, ohne den Anschluss zu verlieren? Nun. Sie waren alle nominiert, sie haben nur nicht gewonnen.
Es folgen: 4 Empfehlungen für eine unbeschwerte Herbstwoche.
The Other Two
Darum geht’s: Die Geschwister Brooke (Heléne Yorke) und Cary (Drew Tarver), zwei geriatrische Millennials in New York, versuchen seit Jahren als Tänzerin und Schauspieler berühmt oder zumindest finanziell unabhängig zu werden. Ohne Erfolg. Die Schmach wird nur größer, als ihr 13-jähriger Bruder Chase über Nacht mit der generischen Popnummer “(I Wanna) Marry U at Recess” zum Star avanciert.
Vom Manager (Ken Marino) über die eigene Mutter (Molly Shannon) bis zur Musikbranche - schnell dreht sich alles nur noch um ChaseDreams und die anderen beiden geraten an die Peripherie des Familiennukleus’. In schlechten Momenten überwiegt der Neid, in noch schlechteren sehen sie ihren Bruder, der als Justin-Bieber-Verschnitt bald auf Awardshows und Partys eingeladen wird, nur noch für seinen Nutzwert.
Warum das lustig ist: Die Auswirkungen auf die Familiendynamik sind dramatisch, um nicht zu sagen: spektakulär unterhaltsam, vorausgesetzt, man kann die gelegentlichen Fremdschämmomente wegstecken. The Other Two war in der Kategorie Bestes Comedy-Drehbuch nominiert. Zu Recht, die ganze Sendung ist so silly und so schnell, dass man zwar in jeder Sprache mit Untertiteln schauen muss, aber dafür entdeckt man auch beim dritten Rewatch neue Jokes. Zu verantworten haben das diverse ehemalige Saturday Night Live-Mitwirkende, weswegen die Parodie sich irgendwo zwischen nicht zimperlich und auf die Zwölf einpendelt.
Läuft auf: Leider muss der Titel gekauft werden, aber das sind die besten 9,99, die ihr diesen Monat ausgeben werdet
What We Do in the Shadows
Ich fühl mich fast schon schlecht hier eine Serie zu empfehlen, von der es bereits fünf Staffeln gibt, aber immer noch antworten zu viele Menschen auf die Frage “Kennst du What We Do in the Shadows” mit: “Nein.” Insofern kurze Follow-up-Frage: Warum reicht euch die Prämisse “Mockumentary über eine Vampir-WG in StAtEn IsLaNd nicht”????!!!! (Dann schaut halt weiter The Bear. Scherz, gute Serie, jaja)
Darum geht’s: Die Vampire Nandor, the Relentless, Laszlo Cravensworth, Nadja of Antipaxos und Colin Robinson sowie ihr sterbliches Helferlein Guillermo leben in New Yorks langweiligstem Stadtbezirk Staten Island. Ihre Mission war einmal: Weltherrschaft. Ihr nächtlicher Alltag ist mittlerweile jedoch relativ eingespielt: weniger Orgien und Exzess, mehr amerikanische Vorstadt-Bequemlichkeit. Als ein uralter Vampirbaron seinen Besuch ankündigt, kommt Bewegung in die WG, alles dokumentiert von einer Filmcrew.
Warum das lustig ist: Shadows ist völlig albern und detailverliebt, vor allem, wenn’s um das World Building geht. Aber alles zahlt sich aus, die Serie verschwendet nie Zeit. Die Chemie vom Cast ist einzigartig, vor allem zwischen Nandor (Kayvan Novak) und Guillermo (Harvey Guillén), dem Vampir-WG-Oberhaupt und seinem Familiar, einem menschlichen Butler, der hofft, eines Tages selbst Vampir zu werden. Das ist die vielleicht beste Will they, won’t they-Dynamik, die es derzeit zu sehen gibt (Emily in Paris, reiß dich mal zusammen). Die AutorInnen gehen liebevoll mit ihren Figuren und deren Entwicklung um. Hier treffen nicht nur Vampire auf Normalsterbliche, sondern auch komplizierte Charaktere und Beziehungen aufeinander. Shadows war unter anderem in den Kategorien Beste Comedy, bestes Comedy-Drehbuch und Laszlo-Darsteller Matt Berry als bester Hauptdarsteller einer Comedy nominiert. Dass er nicht gewonnen hat, sondern *checks notes* schon wieder Jeremy Allen White für The Bear, ist ein Skandal, allein weil niemand so schön charmant-vulgär sein kann wie Berry.
Läuft auf: Disney+
Loot
Darum geht’s: Molly (Maya Rudolph) wird mit Mitte 40 von ihrem Mann John (Adam Scott) für eine deutlich jüngere Frau verlassen. So weit, so gewöhnlich. Mit dem Unterschied, dass die beiden keinen Ehevertrag hatten, was Molly über Nacht zur drittreichsten Frau der Welt macht. Doch die 87 Milliarden Dollar stürzen Molly, die bislang als “die Frau von” durchs Leben gegangen ist, erst mal in eine Identitätskrise. Ausbaden müssen das die Mitarbeitenden ihrer Charity-Organisation. Da schlägt sie von nun an jeden Tag auf, um ihr Leben mit Gehaltvollerem als Luxus-Yachten und Delfin-Sperma-Hautanwendungen zu gestalten.
Warum das lustig ist: Das Aufeinandertreffen dieser zwei Welten und das Abmühen des Kollegiums, Molly auf den Boden der Tatsachen zu holen, ist natürlich witzig anzuschauen. Die Parodie auf die reichsten Menschen der Welt wäre vielleicht noch ein bisschen lustiger, wenn die Realität nicht schon so absurd wäre. Aber Hauptdarstellerin Maya Rudolph war in diesem Jahr für vier Emmys in drei Comedy-Formaten (SNL, Big Mouth, Loot) nominiert, was Grund genug ist, hier mal reinzuschauen. Weitere Gründe: Joel Kim Booster als ihr Assistent, eine extrem hohe 2000er-Referenz-Dichte und der Gast-Auftritt von Benjamin Bratt in Staffel 2.
Läuft auf: Apple TV+
Der Ursprung des Memes, bitteschön:
Girls5eva
Darum geht’s: Noch mal Parodie und noch mal Musikbranche, allerdings mit dem Fokus auf den Abgründen der Spätneunziger und Jahrtausendwende: Vor rund 20 Jahren hatten Wicky (the fierce one), Dawn (the chill one), Gloria (the always working one) und Summer (the hot one) mit ihrer Band Girls5eva ein Album lang Erfolg. Mittlerweile sind sie Fluglotsin, Hausfrau, Zahnärztin, christliche Influencerin, respektive. Als der Rapper Lil Stinker (wenn das nicht euer Humor ist, schaltet direkt weiter, Tina Fey ist Executive Producer und diese Serie trägt häufig ihre Handschrift) ihren alten Hit sampelt, zetteln die vier eine Reunion an.
Warum das lustig ist: Das ist alles so drüber. Die Looks, der Lifestyle, die Lyrics. Aber als jemand, der in den 90ern jung war und die Spice Girls gut fand, muss ich sagen: funktioniert alles hervorragend, so war’s. Vor musikalischen Comedies scheue ich oft zurück, aber Grammy-Gewinnerinnen Sara Bareilles (Dawn) und Renée Elise Goldsberry (Wickie) sorgen dafür, dass die Nummern nicht zu klamaukig oder schief werden. Der Cast hat offensichtlich Spaß, auch wenn der Ton manchmal ganz schön abgeklärt ist. Struktureller Sexismus als Punchline. Das geht schon, aber man freut sich hin und wieder, wenn die vier auf ihrem Weg zum Comeback Anzeichen der Emanzipation zeigen. Zusammengefasst: “No One’s Watching the Best Comedy on Netflix.”
Läuft auf: Netflix
Honorable Mention: Reservation Dogs
Ich sag, wie’s ist. In diese Serie über vier Native American Teenager, die sich Geld zusammengaunern, um ein Reservat in Oklahoma zu verlassen, habe ich nicht so richtig reingefunden. Dabei hat die Show viele gute Zutaten: ein hochgelobtes Cast, Taika Waititi als Co-Creator/Co-Executive Producer und ich bin Zahn McClarnon Superfan (hier unterwegs als Reservats-Cop). Rez Dogs war als Beste Comedy und D'Pharaoh Woon-A-Tai als bester Comedy-Hauptdarsteller nominiert (verloren gegen Jeremy Allen White). Wenn ich das so schreibe, muss ich vielleicht doch noch mal einsteigen.
Läuft auf: Disney+
Zum Schluss noch eine gute Nachricht: Von allen Titeln bis auf Loot gibt es mindestens 3 Staffeln.
Sharing is caring und wenn ihr diesen Text nicht völlige Zeitverschwendung fandet, freue ich mich über eine Weiterempfehlung.
Super Alternativen zu Hubert und Staller - danke 🙏
What We Do In The Shadows 🖤 Bei mir läuft It‘s Always Sunny In Philadelphia beim Ramen machen. Und der Klassiker: Dix Pour Cent